Hamburg, 31.10.2012 – In dem vom 1. Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Olaf Scholz, eröffneten Bundesfachkongress Interkultur diskutierten rund 450 Teilnehmer, darunter viele internationale Gäste, Wissenschaftler, Künstler, Politiker, Pädagogen, Medienmacher, Kulturveranstalter und Praktiker unter dem Motto „DiverCity – Realitäten_Konzepte _Visionen“ drei Tage lang an verschiedenen Orten der Vielfalt in Hamburg.
Wie kann das Zusammenleben von Menschen verschiedener Herkunft in einer globalisierten Welt gestaltet werden? Wie findet eine längst reale Migrationsgesellschaft vom abgrenzenden „Wir“ und „Ihr“ zu einem neuen „WIR“ zusammen? Wie ist eine an Defiziten orientierte Integrationspolitik so zu verändern, dass die Vielfalt der Kulturen als Chance und Zugewinn begriffen wird? Oder ist die inklusive vielfältige Gesellschaft in Deutschland längst gelebte Realität? Auf Fragen und Problemstellungen wie diese gab der 4. Bundesfachkongress Interkultur vom 24. bis 26.10.2012 in Hamburg eine Vielzahl an Antworten und warf dabei neue Fragen auf.
„Der Bundesfachkongress hat neue Maßstäbe gesetzt, in dem er in seiner gesamten Ausrichtung die Begrifflichkeit der Integration gegen die der Diversität ausgetauscht hat", so das Resümee von Rolf Graser vom Forum der Kulturen in Stuttgart, einer der Initiatoren des Bundesfachkongresses. In zahlreichen Vorträgen, Diskussionen und in sechs Fachforen wurden Gestaltungsspielräume und Hindernisse, Realitätsdimensionen und Potentiale dieses Paradigmenwechsels vorgestellt und diskutiert. Etwa in dem Fachforum „Diversity Management“, wo anhand von Praxisbeispielen der Umgang mit Vielfalt in Wirtschaftsunternehmen, Organisationen und Verwaltungen erörtert und im Rahmen eines „Diversity Checks“ auf Anwendbarkeit überprüft wurde.
Welche zentrale Rolle Kunst und Kultur in der Vielfaltsgesellschaft schon heute spielen, zeigte das umfangreiche Kulturprogramm, das in den Kongress eingebettet war. Dazu gehörten Beiträge aus dem Programm des interkulturellen Festivals „eigenarten“ ebenso wie Aufführungen im Deutschen Schauspielhaus und im Thalia Theater. Ein weiteres Kulturformat waren Podiumsrunden wie die „Hamburger Teegespräche“, in denen Kulturschaffende und gesellschaftliche Akteure im Gespräch mit NDR-Moderatorin Julia-Niharika Sen über ihre unterschiedlichen kulturellen Hintergründe und Erfahrungen in Deutschland berichteten.
Zum Abschluss zog der Kulturphilosoph und Soziologe Prof. Dr. Mohamed Turki eine erste Bilanz des Kongresses. Dabei hob er die Rolle der Humanität als verbindende Klammer für eine interkulturelle Gesellschaft hervor: „In Rahmen der Humanität können die Perspektiven von Interkulturalität neu bewertet werden: Der Andere wird dann nicht mehr als Fremder, sondern als ein Spiegelbild des eigenen Selbst gesehen. So könnte die gegenwärtige Zerrissenheit zwischen Ich- und Wir-Identität überwunden und stattdessen eine Wir-Gemeinschaft in der Diversität geschaffen werden.“
Der Bundesfachkongress fand nach ersten Stationen in Stuttgart, Nürnberg und Bochum in diesem Jahr zum ersten Mal in Hamburg statt. An der Gestaltung dieser zivilgesellschaftliche Initiative wirkten viele Akteure, Vereine, Künstler, Kulturhäuser und Behörden mit, – allen voran der Initiativkreis Bundesweiter Ratschlag kulturelle Vielfalt und das Forum der Kulturen Stuttgart e.V., das Interkulturelle Forum Hamburg, die W3 – Werkstatt für Internationale Kultur und Politik sowie die Kulturbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg.